Karrierefalle Schweiz: Ist Zürich ein Goldener Käfig für deutsche Finanzprofis?

Karrierefalle Schweiz: Ist Zürich ein Goldener Käfig für deutsche Finanzprofis?
Kaum eine andere Stadt außerhalb Deutschlands ist so deutsch wie Zürich. Von den 394.000 Einwohnern der größten Stadt der Schweiz stammen allein etwa 31.500 aus dem „Großen Kanton“, wie die Schweizer Deutschland mit leicht despektierlichem Unterton nennen. Zwischen Ende 2002 und Ende 2012 hat die Zahl um etwa 120 Prozent zugelegt. Damit stellen die Deutschen die mit Abstand größte Ausländergruppe in Zürich dar, wie aus den städtischen Statistiken hervorgeht.

In den Zahlen sind die Deutschen, die im Umland leben, nicht einmal berücksichtigt. Angesichts dieses Bevölkerungsanteils und der großen Bedeutung der Banken an der städtischen Wirtschaft sollte Zürich ein erstklassiges Jagdrevier für deutsche Headhunter darstellen. Doch dies ist nur zum Teil richtig, denn Deutsche lassen sich kaum zu einer Rückkehr in den „Großen Kanton“ ermuntern.

Was deutsche Finanzprofis beim Gang in die Schweiz oft vergessen
Dies musste Headhunterin Stefanie Storck von TF Executives in Frankfurt gleich dreimal in der jüngeren Vergangenheit erleben. Sie erzählt von zwei M&A-Spezialisten sowie einem Trader, die von Frankfurt und München in die Schweiz umgezogen sind. „Viele wollen nur für einige Jahre nach Zürich gehen und dann wieder zurückkommen. Dann merken sie, dass das gar nicht so einfach ist, in Deutschland das Gleiche zu verdienen. Die Gehälter sind in der Schweiz einfach höher und die Steuern niedriger“, betont Storck. „Man muss beachten, dass man Einbußen hinnehmen muss, wenn man zurückkommt. Das haben viele nicht bedacht.“ Erschwerend komme hinzu, dass Gehälter und Boni in der Finanzkrise auch in Deutschland unter Druck geraten seien.

Ganz ähnliche Erfahrungen hat Headhunter Manuel Rehwald von Rehwald Associates in Frankfurt gemacht: „In der Tat ist es schwierig deutsche Finanzprofis aus der Schweiz zurückzuholen.“ Üblicherweise würden Deutsche aus der Schweiz aus privaten oder aus Karrieregründen zurückkommen. Falls die neue Stelle in Deutschland mehr Personal- oder Produktverantwortung verheiße, dann würde dies deutsche Finanzprofis oft von einer Rückkehr überzeugen. Kaum jemanden kehre indes der Schweiz den Rücken, weil es ihm dort nicht gefalle.

Deutsche Finanzprofis fühlen sich in der Schweiz „äußerst wohl“
„Nun Ja, der ‚Goldene Käfig‘ scheint mir etwas übertrieben, dennoch ist die Lebensqualität in der Schweiz gefühlt schon noch um einiges höher, was in meinen Augen primär an den Löhnen sowie an den geringen Steuersätzen liegt“, erzählt ein deutscher Investmentconsultant aus Zürich gegenüber eFinancialCareers.ch, der lieber namentlich nicht genannt werden möchte. Dies gelte besonders für Leistungsträger. „Ich kenne einige Leute, die mit einem guten Uni-Abschluss in die Schweiz gekommen sind und sich hier äußerst wohl fühlen. Aber auch hier gilt es, die Mentalitätsunterschiede anzuerkennen und sich etwas anzupassen, dann lässt es sich hier wunderbar leben“, ergänzt der Investmentconsultant.

Trotz der vielen Pluspunkte rät der deutsche Finanzprofi aus Zürich nicht jedem Landsmann die Koffer zu packen und nach Zürich zu ziehen: „Allerdings benötigt man neben der geschäftlichen Komponente einen Lebenspartner, der alles mitträgt und Deutschland ebenfalls gerne verlässt bzw. man ist direkt in der Schweiz vergeben. Die Leute, die nur des Geldes wegen in die Schweiz kommen und die Familie in Deutschland lassen, bleiben meist nicht so lange, da Geld doch nicht alles ist.“

Für Schweizer ist ein Leben in Deutschland oder Luxemburg nahezu undenkbar
Dagegen scheint es nahezu unmöglich einen Schweizer für eine Stelle in Deutschland zu begeistern. „Einem Schweizer gefällt es in seinem Heimatland sehr gut“, stellt Rehwald fest. Überdies verfügten Schweizer auch in der Heimat über Kunden oder ein berufliches Netzwerk, was einen Wechsel nach Deutschland erschwere.

Headhunter David Kitzinger von Badenoch & Clark in Luxemburg hat viel mit deutschen Expats zu tun und hat einen guten Überblick über die Attraktivität der verschiedenen Länder für deutsche Finanzprofis. „Die Lebensqualität in der Schweiz ist unübertroffen“, betont der Experte. Die Berge und Seen, Zürich als Großstadt – da könne auch Luxemburg schwer mithalten. In Deutschland gebe es die meisten Jobs in den Finanzdienstleistungen in Frankfurt: „Das ist einfach nicht so attraktiv wie Hamburg oder München.“

Etwas besser sieht es dagegen in Luxemburg aus. „In den letzten zwei Jahren ist die Schweiz etwas unter Beschuss geraten, damit ist Luxemburg im Verhältnis zur Schweiz attraktiver geworden“, ergänzt Kitzinger. Seitdem das Ende des eidgenössischen Bankgeheimnisses absehbar ist und dortige Banken zu kämpfen haben, könnten sich mittlerweile sogar Deutschschweizer einen Wechsel zumindest vorstellen. „Vor der Finanzkrise war es nahezu unmöglich, einen Schweizer von einem Wechsel nach Luxemburg zu überzeugen.“

Die Gehälter in der Schweiz seien auch gegenüber Luxemburg etwas höher und die Steuern niedriger. Das Großherzogtum könne hingegen mit erstklassigen sozialen und öffentlichen Leistungen glänzen. Überdies fielen die Lebenshaltungskosten niedriger aus. „Insgesamt hat Luxemburg an Attraktivität gewonnen, ist aber dennoch nicht auf einer Augenhöhe mit der Schweiz“, resümiert Kitzinger. „Allerdings fällt den Deutschen die Integration in der Schweiz schwerer als in Luxemburg“, beobachtet Kitzinger. „Wenn man sich aber erst einmal integriert hat, dann ist die Schweiz tatsächlich ein Goldener Käfig.“