Stellenweise gefragt/Fondsprofessionell Magazin 4/2023

Stellenweise gefragt/Fondsprofessionell Magazin 4/2023
4/2023 | Vertrieb & Praxis

Stellenweise gefragt

Mehrere Asset Manager bauen Arbeitsplätze ab. Insgesamt scheint die Lage im Jobmarkt aber noch erstaunlich gut. Vor allem zwei Gruppen von Spezialisten scheinen besonders gefragt.

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Kandidatin im Vorstellungsgespräch: Trotz Meldungen über Stellenstreichungen und eingetrübter Aussichten für die Branche wollen nach wie vor die meisten Asset Manager neue Jobs schaffen.

© contrastwerkstatt | Stock.adobe.com
Die Botschaft war in einer langatmigen Mitteilung versteckt: Rund zehn Prozent der rund 800 Stellen streicht die Traditionsbank Metzler bis 2028. Das Institut wolle sich auf jene Produkte und Dienstleistungen konzentrieren, mit denen es signifikanten Mehrwert für Kunden schaffe, so die Begründung. In Bereichen, in denen dies nicht der Fall ist, will die Bank Prozesse an externe Partner abgeben. Dies betreffe besonders administrative Aufgaben im Asset Management, heißt es von den Hessen.
Das Bankhaus ist damit nicht allein. Mehrere Fondsgesellschaften haben einen Stellenabbau angekündigt. Nach Jahren des Wachstums stellen sich die Anbieter auf härtere Zeiten ein. Auf der anderen ­Seite finden sich in Jobportalen nach wie vor Stellenausschreibungen von Asset Managern. In Gesprächen ist immer wieder zu hören, dass händeringend Mitarbeiter gesucht würden. Der Fachkräftemangel scheint auch die Fondsbranche zu erfassen. Wie passen diese Eindrücke zusammen?
Einige Asset Manager setzen tatsächlich den Rotstift an. Der zentrale Fondsanbieter der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, Union Investment, hat im August angekündigt, 270 Stellen abbauen zu wollen. Das entspricht rund sechs Prozent der ­Belegschaft. „Wir haben die Frage gestellt: Was trägt uns in die Zukunft – und was nicht?“, sagte Union-Investment-Chef Hans Joachim Reinke. „Und das, was uns nicht trägt, müssen wir reduzieren.“ Die frei werdenden Mittel will das Investmenthaus der Genossenschaftsbanken an anderer Stelle investieren, vor allem in Digitalisierung, Nachhaltigkeit und alternative Investments.
Ganz ähnlich argumentiert das Bankhaus Metzler. Durch die Verschlankung und Digitalisierung von Prozessen wolle das Institut seine Aufstellung optimieren und die Effizienz erhöhen. Das eingesparte Geld soll in Felder gesteckt werden, die die Bankiers als aussichtsreich erachten. Der Stellenabbau soll dabei über natürliche Fluktuation, Altersteilzeit sowie interne Umbesetzung erfolgen. Genauso handhabt dies Union Investment.
Den Rotstift angesetzt
Daneben meldete Axa Investment ­Managers, bis zu 90 Stellen streichen zu wollen. Betroffen seien Mitarbeiter in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Zudem hat der britische Finanzdienstleister M&G Arbeitsplätze abgebaut. Das Haus digitalisiert die Abläufe im Wealth Management. Auch das Private-Markets-Angebot schrumpft. „Wir waren in zu vielen kleinen Nischen unterwegs“, sagt Joseph Pinto, Vorstandschef der M&G-Investmentsparte, im Interview mit FONDS professionell (siehe Seite 374). „In der Folge benötigen wir weniger Manager, um die Strategien zu steuern.“ Bereits im Jahr zuvor haben Jupiter und der Branchenprimus Blackrock den Rotstift angesetzt.
Auf der anderen Seite ist der Stellenmarkt nicht zum Erliegen gekommen. „Zwischenzeitlich dachte ich, dass dieses Jahr weniger zu tun ist als im Jahr davor“, berichtet Manuel Rehwald, Gründer und Chef der auf das Asset und Wealth Management spezialisierten Personalberatung Rehwald Associates mit Sitz in Königstein im Taunus. „De facto ist es auch etwas ­weniger geworden, aber nicht ungeheuer viel.“ In den Jahren 2021 und 2022 seien eben auch sehr viele Mitarbeiter eingestellt worden, erläutert der Headhunter.
Langsam aufgetaut
Doch dann kam der herbe Einbruch an den weltweiten Finanzmärkten. Einige Häuser verzichteten auf Neueinstellungen. Andere, wie Blackrock, verkündeten zügig Einschnitte. Inzwischen hat sich die Lage aber wieder entspannt. „Es gibt noch die ­eine oder andere Adresse, die einen Einstellungsstopp verhängt hat“, berichtet Personalberater Rehwald. „Aber die Einstellungsstopps laufen langsam aus.“
Grundsätzlich beobachtet Rehwald nun, dass sich „die Nachfrage nach Kandidaten auf einem hohen Niveau“ hält. „Allerdings überlegen die Asset Manager genauer, ­welche Jobprofile sie noch ausschreiben und welche nicht“, sagt der Headhunter. Im Portfoliomanagement würden die mittlere Ebene und insbesondere die Junioren gesucht. „Im Vertrieb zeigt sich ein sehr ­unterschiedliches Bild“, ergänzt Rehwald. „Da scheint nun viel von den Opportunitäten am Markt abzuhängen.“
Sales sieht der Personalberater nach wie vor als wichtigen Bereich. „In schwierigen Marktphasen wollen die Asset Manager ihr Volumen erhalten“, ­erklärt der Marktkenner. „Daher möchten sie den Kunden zeigen, dass sie präsent sind.“ ­Anders sieht es jedoch in Feldern wie Verwaltung und Rechnungswesen aus. „Im Backoffice beobachte ich deutlich weniger Vakanzen als im vergangenen Jahr“, sagt Rehwald. Dies passt zu den Ankündigungen von Union, Metzler oder M&G, Prozesse digitalisieren zu wollen. Dementsprechend stellen die Asset Manager in einem anderen Bereich stark ein. „Die Nachfrage nach Mitarbeitern im IT-Segment ist extrem hoch“, meint der Headhunter.
Trotz der eingangs erwähnten Beispiele für einen Jobabbau scheint die Stimmung insgesamt nicht allzu trüb zu sein. Einer Umfrage des deutschen Fondsverbands BVI zufolge haben 40 Prozent der von ­Januar bis September 2023 befragten Mitgliedsunternehmen angegeben, dass die Gesamtzahl der Mitarbeiter in den nächsten Monaten steigen wird. Bei 44 Prozent soll die Zahl unverändert bleiben, und nur 16 Prozent der Verbandsmitglieder gaben an, dass Stellen abgebaut werden dürften. Auf die Frage nach den Bereichen mit ­Aufbau von Personal liegen Nachhaltigkeit, Vertrieb und IT klar vorn.
Jobs mit gutem Gewissen
Welch eine bedeutende Rolle Nachhaltigkeit eingenommen hat, zeigt auch eine Umfrage von Russell Investments. Von den 169 weltweit befragten Asset Managern ­gaben rund drei Viertel an, im Jahr 2022 Stellen mit explizitem ESG-Profil ausgeschrieben zu haben (siehe Grafik). Auch Personalberater Rehwald be­obachtet, dass Nachhaltigkeit mittlerweile Bestandteil vieler Ausschreibungen ist. „ESG ­gehört zu praktisch jedem Jobprofil in irgendeiner Form dazu, sei es im Portfoliomanagement oder im Vertrieb“, so der Headhunter. Anders als bei der Russell-Umfrage sieht er aber weniger Bedarf an reinen ESG-Spezialisten-Positionen. „Diese sind mir in meiner ­Praxis zuletzt weniger häufig begegnet.“ So oder so bieten sich im Asset Management augenscheinlich durchaus noch gute Karrierechancen.
Sebastian Ertinger
Quelle: https://www.fondsprofessionell.de/magazin/vertrieb-praxis/artikel/stellenweise-gefragt-65353/